Im Gegensatz zu der kulturellen Entwicklung der küstennahen Hansestädte, die geprägt ist durch die stolzen Monumente der Backsteingotik, vollzog sich auf dem Land eine ganz andere Entwicklung. Hier entstand im Laufe der Geschichte eine in Deutschland und darüber hinaus einmalige Kulturlandschaft. Im europäischen Vergleich weist das Land Mecklenburg-Vorpommern die größte Dichte an Schlössern, Guts- und Herrenhäusern auf - über 1500 nennt das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege in Schwerin. Rund ein Viertel dieser reichen Hinterlassenschaft der Jahrhunderte liegt hier in Westmecklenburg. Die meisten dieser herrschaftlichen Anwesen blicken auf eine wechselhafte Geschichte zurück, doch seit Beginn der 1990er Jahre haben viele von ihnen ihre alte Schönheit wiedergewonnen und sich zu kulturellen Mittelpunkten von Dörfern und ganzen Regionen entwickelt. Wir stellen Euch die drei absoluten Highlights als kurzweilige Ganztagestouren vor, beschreiben ergänzend Möglichkeiten diese mit anderen Zielen in der Umgebung zu kombinieren.
Willkommen in einem der schönsten und ältesten ländlichen Repräsentationsbauten Mecklenburgs am Rande der Kleinstadt Klütz. Der denkmalgeschützte Komplex aus mehrflügeligem Schloss und rechteckiger Garteninsel bildet die größte erhaltene Barockanlage Mecklenburg-Vorpommerns.
Die zum Schloss führende, über 250 Jahre alte Festonallee aus girlandenartig beschnittenen Linden, ist ein in Deutschland einzigartiges Gartendenkmal und sehr beliebtes Fotomotiv. Englisch-niederländische Vorbilder inspirierten den, in Diensten des englischen Königshauses stehenden Reichsgrafen Hans Caspar von Bothmer, der das Schloss 1726 bis 1732 als Stammsitz seiner Familie erbauen ließ.
Das gesamte Ensemble, das umfangreich saniert wurde und nun wieder besichtigt werden kann, besteht aus 13 Gebäuden, die in barocker Symmetrie mit der Landschaft zu einer Einheit verbunden werden. Der im 19. Jahrhundert im Geschmack englischer Landschaftsparks überformte barocke Schlossgarten ist denkmalgerecht saniert und ebenfalls öffentlich zugänglich. (www.schloss-bothmer.de)
Regelmäßig finden hier beliebte Open-air Konzerte des sommerliches Musikfestivals »Festspiele Mecklenburg-Vorpommern« statt. (Fahrzeit mit dem Auto ca. 45 Min.)
Was für eine verrückte Zeit! Welch ein schöner Schein! Als man anderenorts schon der klassizistischen Formensprache zu huldigen begann, schuf man hier eines der letzten europäischen absolutistischen Barockpaläste nach dem Vorbild von Versailles. Herzog Christian II. Ludwig von Mecklenburg-Schwerin (1683-1756) errichtete in den Wäldern der »Griese Gegend« sein Paradies, ließ ein kleines Dorf mitsamt seiner mittelalterlichen Kirche schleifen, um hier sein, zuerst noch eher bescheidenes Jagtschloss »Ludwigs-Lust« entstehen zu lassen. Sein Nachfolger, Herzog Friedrich der Fromme (oder eher Prunksüchtige?) ließ dann das imposante Schloss zum Mittelpunkt einer, noch heute vollständig erhaltenen, barocken Stadtanlage errichten, das zusammen mit dem weitläufigen Park und der Hofkirche (weiterer Superlativ gefällig: 350 m² Gemälde im Altarraum) seinesgleichen in Norddeutschland sucht.
Er verfügte, die dachabschließenden, allegorischen Sandsteinfiguren des Residenzschlosses, schamhaft in Gewänder zu kleiden. Erotische Anspielungen, im Barock durchaus üblich, lehnte der fromme Herzog Friedrich ab, richtete aber gleichzeitig aus formal-ästhetischen Gründen das Gotteshaus nicht in Richtung Osten aus. Um den benötigten Elbsandstein auf dem Wasserweg hier herzuschaffen, wurde ein 28 Kilometer langer Kanal gegraben, der wiederum später die heiter-pittoresken Wasserkaskaden speiste. Als dann der mittlerweile finanziell klamme Herzog Friedrich die Innenausbauten nicht mehr mit jenen erlesenen Materialien, wie feingeädertem Mamor, wertvollen Metallen oder edlen Hölzern, finanzieren konnte, ließ er ihn kurzerhand aus Pappmaché imitieren. Diese Papierwerkstatt war mit seinem »Ludwigsluster Carton« so erfolgreich, das er fortan in ganz Europa Abnehmer fand.
Die Parkanlage gehört zu den herausragenden denkmalgeschützten Ensembles Norddeutschlands. Sie bietet einen, in seiner Grundstruktur unveränderten Eindruck, vom formal gestalteten Barockgarten bis hin zum, von Peter Joseph Lenné 1852 entworfenen, englischen Landschaftspark. Komplettiert mit all den verstreuten, hübschen Kleinarchitekturen, wie Wasserspielen, Mausoleen, Grotten oder dem ersten neogotischen Kirchenbau in Mecklenburg wird sie jeden Gartenenthusiasten begeistern. Thomas Nugent schrieb 1755 über die Gartenanlagen: »Ich muss gestehen, dieser Ort hat alle meine Erwartungen bei weitem übertroffen. Ich brachte den ganzen Vormittag damit zu, um alle bezaubernden Schönheiten desselben zu besehen. Wahrlich, der Anblick all dieser Seltenheiten riß mich so hin, daß ich sie nachher alle Tage auf neue besehen habe und mich dünkt, ich fand jedesmal immer wieder etwas neues.«
Das ganze Schlossensemble und der Park sind heute aufs Schönste denkmalgerecht restauriert und können besichtigt werden, verschiedene Innenräume, wie der repräsentative »Goldene Saal« erstrahlen nun wieder in ihrer alten Pracht. (Fahrzeit mit dem Auto ca. 50 Min.)
»Biosphärenreservat Untere Elbe Mecklenburg Vorpommern« Wer nun genug hat von den Kulturleistungen der berühmten Gartenplaner vergangener Zeit, dem sei eine Zeitreise in die Entstehungsgeschichte des Urstromtals der nahen Elbe empfohlen. Hier konnte sich in den letzten Jahrzehnten eine für Mitteleuropa einzigartige artenreiche Flussauenlandschaft weitgehend naturnah erhalten. Sie ist heute ein von der Unesco als Weltnaturerbe unter Schutz gestelltes Biosphärenreservat. So sind für den Naturpark neben der Elbe bei Boizenburg und Dömitz mit ihren Auen, Altarmen und Feuchtwiesen vor allem die ausgedehnten Niederungen zahlreicher Nebenflüsse sowie Binnendünengebiete landschaftsprägend.
Die Stadt Dömitz entwickelt sich bedingt durch seine überaus reizvolle Lage an der Elbe und der Elde in den letzten Jahren zu einem attraktiven Ausflugsziel. Die außergewöhnliche Festungsanlage mit dem Erlebnisbereich Dömitzer Hafen und einladender Gastronomie ist auf einen ursprünglichen Speicher gebaut worden und bietet in 40 Metern Höhe einen atemberaubenden Blick über das Urstromtal der Elbe (Hafenplatz 3, 19303 Dömitz). Vom Hafen aus bieten sich Elbschiffahrten oder Kanutouren auf der Elde an. Auf der Website (www.elbetal-mv.de) werden interessante Wandertouren angeboten, wie etwa zu der »Schmölener Wanderdüne«, der größten Binnenwanderdüne Europas, die allein wegen des sich bietenden Ausblicks auf die Elbe lohnenswert ist. Südlich von Dömitz im Ortsteil Klein Schmölen. Detailierte Wanderkarte leihen wir gerne aus.
Sicher das bekannteste und größte Schloss Mecklenburgs, heute Sitz des Landtages, grandios auf einer ufernahen Insel im Schweriner See gelegen (lohnenswert ist ein virtueller Landeanflug mit google-earth!), gilt als eines der wichtigsten Prunkbauten des romantischen Historismus in Deutschland. Fast exzessiv zitierte man Architekturelemente der Renaissance. Basierend auf einer mittelalterlichen, slawischen Burg, wurde auf einem fünfeckigem Grundriss ein Renaissanceschloss nebst einer Schlosskirche erbaut, das dann im 19. Jahrhundert vom Schweriner Hofbaumeister G.A. Demmler erheblich verändert wurde. Es enstand ein bis heute nahezu unversehrtes, beeindruckendes Ensemble, ein einmaliges Zeugnis für die höfische Kultur dieser Zeit, das in seiner äußeren Form an die berühmten französischen Loireschlösser, wie Chambord erinnert und derzeit gute Chancen hat, wir finden völlig zurecht, als Weltkulturerbe von der Unesco anerkannt zu werden. Aber urteilen sie selbst!
Erreichen lässt sich der Schlosskomplex über eine breite Steinbrücke von der nahen Schweriner Altstadt oder, vielleicht besser noch, von Süden über den weiträumigen Schlossgarten. Dieser erhielt seine barocke Gestalt durch den umtriebigen Pariser Hofbaumeister J. L. Legeay und erfreut mit breiten symmetrischen Sichtachsen, einem barocken Wasserparterre in Form eines doppelarmigen Kanalkreuzes, flankierenden Rasenflächen, Baumquartieren sowie Skulpturen. Nach Plänen des nicht weniger bekannten, preußischen Gartendirektors J. Lenne wird der Schlossgarten dann im 19. Jahrhundert erweitert. Die enge Verbindung zwischen gebautem und natürlichem Raum sowie die Einbettung des Residenzensembles in die Seenlandschaft versinnbildlicht die romantische Landschaftsauffassung: Die Natur wird zu einem idealisierten Raum. Angekommen an der Schlossinsel, empfiehlt sich zunächst ein kurzer Rundgang um diese, die neben der Orangerie (heute Restaurant), einer künstlichen Grotte, verschiedenen Freitreppen, auch zahlreiche Skulpturen und alten Baumbestand mit einschließt, bevor die im Schlossmuseum befindlichen fürstlichen Repräsentationsräume inklusive des noch vollständig erhaltene Thronsaals, einzigartig in Europa, besichtigt werden können. (Fahrzeit mit dem Auto ca. 35 Min.)
Schloss Wiligrad , abgeleitet von dem slawischen Namen für »Große Burg«, ist ein weiteres Kleinod der Neorenaissance, 1896-1898 als eines der jüngsten Schlösser Mecklenburg-Vorpommerns, für den Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg malerisch inmitten eines Waldgebietes am Steilufer des Schweriner Sees mit einer wunderbaren Sicht auf das Schweriner Schloss. Die vielfältigen historisierende Stilzitate und der reiche Terrakottaschmuck verweisen auf den vom Bauherrn gewünschten »Johann-Albrecht-Stil« des 16. Jahrhunderts, wie er sich damals zum Beispiel am Schloss Schwerin befand. Die prägnante Farbgebung des Schlosses - das weiß verputzte Hauptgebäude, der rote backsteinsichtige Flügel und das schwarze Dach zitieren die Farben des 1871 gegründeten Deutschen Kaiserreiches. Schloss Wiligrad, 19069 Lübsdorf
Quelle: Wikipedia, Dehio